In unserer heutigen schnelllebigen Welt ist es manchmal eine wahre Wohltat, innezuhalten und sich mit Büchern zu beschäftigen, die nicht nur den Geist bereichern, sondern auch zu tiefen Reflexionen anregen. Paradise Lost von Florian Hurtig und Der Grund von Christiane Grefe und Tanja Busse sind zwei solcher Werke, die es wert sind, entdeckt zu werden. Mit einer klugen Mischung aus literarischer Kunst und gesellschaftlicher Relevanz laden sie dazu ein, neue Perspektiven zu gewinnen und sich intensiver mit unserer Welt auseinanderzusetzen.
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Paradise Lost, vom Ende der Vielfalt und dem Siegeszug der Monokultur, von Florian Hurtig
Florian Hurtigs Paradise Lost ist ein Werk, das mit Nachdruck den Finger in die Wunde unserer modernen Gesellschaft legt. Ein Blick in die Geschichte der Landwirtschaft verrät viel über gesellschaftliche Entwicklungen. Hurtig führt uns durch die Geschichte der Menschheit und des Anbaus ihrer Nahrungsmittel – von den Baumgärten der frühen Jōmon-Kultur in Japan über die Anfänge staatlicher Disziplinierung der Landwirtschaft in Mesopotamien bis zur kolonialen Plantagenwirtschaft und der Agrarindustrie unserer Tage.
Dabei zeigt er auf beeindruckende Weise, wie die Entwicklung hierarchischer Gesellschaften und Staaten zum Verlust vielfältiger Systeme führte. Damit wurde der Weg für die bis heute vorherrschenden Strukturen geebnet: Monokultur, Monotechnik, Monopol.
Das Buch blickt nicht nur zurück, sondern vermittelt eine klare Perspektive, wie wir unsere Landwirtschaft und unsere Gesellschaften verändern müssen, um den aktuellen Krisen zu begegnen.
Paradise Lost hinterlässt eine bleibende Nachwirkung, weil es Themen wie Umweltzerstörung, soziale Ungerechtigkeit und persönliche Verantwortung beleuchtet. Es fordert dazu auf, über den Zustand unserer Welt nachzudenken und darüber, wie wir selbst Teil der Veränderung sein können. Es ist damit ein Weckruf an die Gesellschaft und ein gelungenes Werk, das noch lange nach dem Lesen im Gedächtnis bleibt.
Hurtig war Sprecher beim 1. Waldgarten-Kongress. Er ist praktizierender Solawi-Gärtner. In seinem Vortrag gibt er einen kurzen Abriss der Geschichte der Waldgärten. Waldgärten haben in vielen Kulturen eine sehr lange Tradition – sie reichen sogar um Jahrtausende weiter zurück als der Ackerfeldbau. Das Video zeigt einige Highlights dieser Geschichte und beleuchtet dabei auch die Verflechtung zu sozialen Verhältnissen. Hier geht es zu seinem Vortrag: https://youtu.be/Zq11BYkKobA?feature=shared.
Paradise Lost, Florian Hurtig, 2020, oekom verlag München
ISBN: 978-3-96238-203-2
Hardcover, 432 Seiten
Der Grund, Die neuen Konflikte um unsere Böden – und wie sie gelöst werden können, von Christiane Grefe und Tanja Busse
Der Wert des Bodens, das Wunder der Unterwelt, jene Abermillionen von Wurzeln und Würmern, Käfern, Bakterien und Pilzen, die in symbiotischem Zusammenwirken immer wieder neues Leben schaffen, wurde lange unterschätzt und missachtet. Fruchtbare Böden sind weltweit gefährdet. Wie wir mit dem Land, mit den Flächen umgehen, ist eine zentrale Zukunftsfrage. Wofür soll der Boden, der Grund genutzt werden: für Beweidung, Ackerland oder klimaresiliente Wälder? Für Wind- und Solarkraftwerke oder Naturschutzgebiete? Für Wohnungen und Gewerbegebiete in wachsenden Städten? Lassen sich Energiewende, Klimaschutz, Biodiversität und Ernährungssicherheit in Einklang bringen? Darf man Flächen für den Anbau von Energiepflanzen nutzen, wenn Menschen hungern? Wer entscheidet darüber: Bauern und Bäuerinnen, Landbesitzer:innen, Investor:innen, wir alle? Wie ließe sich Verantwortungseigentum für den Boden regeln? Davon erzählen Tanja Busse und Christiane Grefe spannend, mit Engagement und wissenschaftlicher Genauigkeit. Vor allem zeigen sie Wege auf, wie Zielkonflikte im Sinne des Gemeinwohls politisch gelöst werden können.
Grefe und Busse scheuen nicht davor zurück, unbequeme Wahrheiten anzusprechen. Besonders beeindruckend ist die Art und Weise, wie sie konkrete Beispiele dafür liefern, wie Menschen bereits heute Alternativen zur herkömmlichen Landwirtschaft entwickeln. Von regenerativer Landwirtschaft über Permakultur bis hin zu innovativen, agrarökologischen Ansätzen – das Buch gibt Hoffnung, dass es einen Weg aus der Sackgasse gibt, in die uns die industrielle Landwirtschaft geführt hat.
Der Grund ist nicht nur ein Buch für Menschen, die sich für Landwirtschaft interessieren, sondern für alle, denen die Zukunft des Planeten am Herzen liegt. Die Leser:innen werden dazu eingeladen, darüber nachzudenken, welche Rolle sie selbst in der Transformation der Agrarsysteme spielen können.
Der Grund, Die neuen Konflikte um unsere Böden – und wie sie gelöst werden können, 2024, Christiane Grefe und Tanja Busse, Verlag Antje Kunstmann GmbH. ISBN 978-3-95614-585-8
Fazit
Beide Bücher – Paradise Lost und Der Grund bieten inspirierende, tiefgründige Einblicke in drängende Fragen unserer Zeit. Sie regen dazu an, die Welt mit anderen Augen zu sehen und sich aktiv mit den Herausforderungen unserer Zeit auseinanderzusetzen. In jedem Fall lohnen sich beide Bücher für Leser:innen, die nach anspruchsvoller Lektüre suchen, die zum Nachdenken anregt und über den Lesemoment hinaus Wirkung entfaltet.