Die Bedeutung der Sukzession für die Planung von Food Forests

von Apr. 8, 2025

ZUSAMMENFASSUNG. Die Natur kennt keinen Stillstand. Pflanzen- und Tiergesellschaften entwickeln sich im Laufe der Zeit, passen sich an neue Bedingungen an und folgen einem Muster der schrittweisen Veränderung. Dieses Phänomen wird als Sukzession bezeichnet. Wer einen Food Forest anlegen und nachhaltig gestalten möchte, sollte dieses Prinzip verstehen und gezielt in die Planung integrieren.


Was ist Sukzession?

Sukzession beschreibt die natürliche Aufeinanderfolge von Pflanzen- und Tiergemeinschaften an einem Standort. Der Prozess beginnt oft mit Pionierpflanzen, die karge oder gestörte Flächen besiedeln und den Boden für anspruchsvollere Arten vorbereiten. Im Laufe der Zeit entsteht ein komplexes und stabiles Ökosystem mit hoher Artenvielfalt und Resilienz.

Es gibt zwei Haupttypen der Sukzession:
Primäre Sukzession – findet auf Flächen ohne vorherige Vegetation statt, z. B. nach Vulkanausbrüchen.
Sekundäre Sukzession – tritt auf, wenn ein Gebiet nach einer Störung (z. B. Rodung, Feuer, Überschwemmung) wiederbesiedelt wird.
Im Verlauf der Sukzession steigern sich Artenvielfalt, Biomasse und ökologische Stabilität. Ziel ist es, ein widerstandsfähiges System zu schaffen, das sich selbst erhält und regeneriert.

Ein Food Forest ist mehr als eine Sammlung von essbaren Pflanzen – er ist ein lebendiges Ökosystem

Warum ist Sukzession für Food Forests wichtig?

Food Forests sind mehrschichtige, langfristig geplante Anbausysteme. Ein erfolgreiches Design berücksichtigt die natürliche Sukzession, um langfristige Stabilität und Produktivität zu gewährleisten.

Phasen der Sukzession: von den Pionierarten bis zu den Klimaxbäumen

Vorteile einer sukzessionsbasierten Planung

Effiziente Etablierung des Systems: Durch das gezielte Pflanzen von Pionierarten (z. B. Stickstofffixierer) kann die Bodenqualität verbessert und das Wachstum nachfolgender Pflanzen beschleunigt werden.
Minimierung von Pflegeaufwand: Ein sich selbst regulierendes Ökosystem reduziert den Bedarf an externen Eingriffen.
Erhöhte Resilienz: Sukzessionsgesteuerte Food Forests sind widerstandsfähiger gegenüber Klimaextremen und Schädlingen.
Maximale Nutzung von Ressourcen: Durch die gezielte Auswahl von Pflanzen für jede Sukzessionsphase kann Licht, Wasser und Nährstoffverfügbarkeit optimal genutzt werden.
Nachhaltige Erträge ohne zusätzlichen Input: In der frühen Sukzession ist es die Aufgabe der ersten Pflanzen, den Boden für nachfolgende Arten vorzubereiten. Diese anspruchsvolleren Pflanzen – oft jene mit höheren Erträgen – gedeihen später ohne zusätzlichen Input wie Dünger, weil die Bodenbedingungen durch die Vorarbeit der Pionierpflanzen bereits verbessert wurden.
Das Arbeiten mit Sukzession – also die bewusste Integration dieser natürlichen Abfolge in das Design – ist ein zentrales Unterscheidungsmerkmal zwischen Food Forests und industrieller Landwirtschaft. In konventionellen Systemen spielt Sukzession kaum eine Rolle. Stattdessen werden häufig nur Pflanzen der frühen Sukzessionsphasen angebaut und nach der Ernte jedes Jahr erneut ausgesät. Dieser Zyklus funktioniert nur mit erheblichem externem Input, insbesondere Kunstdünger und Pestiziden.

Sukzession in der Praxis

Während in der Natur Sukzession oft über viele Jahre hinweg abläuft, werden in einem Food Forest die verschiedenen Pflanzenschichten meist gleichzeitig geplant. Dabei werden verschiedene Pflanzentypen strategisch kombiniert, um die natürliche Entwicklung des Systems nachzuahmen und zu beschleunigen:
Pionierpflanzen (z. B. Stickstoff Fixierer wie Erlen oder Erbsensträucher) verbessern den Boden und schützen junge Setzlinge.
Pionierbäume (z. B. Birke, Pappel) wachsen schnell und bieten Windschutz für empfindlichere Pflanzen.
Sträucher und mittelgroße Bäume (z. B. Beerensträucher, Apfel- und Pflaumenbäume) tragen zur Struktur des Systems bei und sorgen für frühe Erträge.
Unterholzpflanzen (z. B. Farne, Kräuter) besetzen die Krautschicht und verhindern Erosion.
Klimaxbäume (z. B. Walnuss, Kastanie, Eiche) sind langlebige Arten, die das Ökosystem stabilisieren und langfristige Erträge bieten.

Durch diese gleichzeitige Pflanzung entsteht von Anfang an ein funktionierendes Ökosystem, das sich über die Jahre hinweg weiterentwickelt und anpasst. Die Pionierpflanzen und -bäume bereiten den Boden vor, indem sie organische Masse liefern, Stickstoff fixieren und Mikroklimata schaffen. Nach und nach übernehmen Sträucher und mittelhohe Bäume eine tragende Rolle, bis schließlich die Klimaxbäume das stabile Wachstumsstadium des Systems ausbilden.

Ein interessanter, aber kontroverser Vertreter unter den Pionierbäumen ist die Robinie. Sie ist ein leistungsstarker Stickstofffixierer, wächst schnell und bietet wertvolles Holz sowie Windschutzfunktionen. Aufgrund ihres invasiven Potenzials ist sie in vielen Regionen jedoch umstritten oder sogar verboten. Dennoch wird sie von einigen Designer:innen wegen ihres Beitrags zur Systemetablierung geschätzt.

Erkenntnisse aus anderen Disziplinen

Neben der klassischen Ökologie gibt es weitere wertvolle Ansätze für die Sukzessionsplanung in Food Forests:
Permakultur-Prinzipien (Bill Mollison, David Holmgren): Nutzung natürlicher Muster zur Gestaltung nachhaltiger Anbausysteme.
Syntropische Landwirtschaft (Ernst Götsch): Dynamische Sukzession als Grundlage für fruchtbare Ökosysteme.
Miyawaki-Methode: Schnell wachsende, diverse Pflanzengesellschaften zur Beschleunigung der Sukzession.

Fazit

Ein Food Forest ist mehr als eine Sammlung von essbaren Pflanzen – er ist ein lebendiges Ökosystem, das sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Die Kenntnis der Sukzession hilft dabei, die richtigen Pflanzen zur richtigen Zeit zu etablieren, natürliche Prozesse zu unterstützen und ein widerstandsfähiges, produktives System zu erschaffen. Wer diesen natürlichen Rhythmus nutzt, kann einen langfristig erfolgreichen Food Forest gestalten, der sowohl Menschen als auch der Umwelt zugutekommt.

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