Syntropischer Agroforst: Eine aufbauende Landwirtschaftsmethode der Zukunft

von März 30, 2025

ZUSAMMENFASSUNG. Ein Blogartikel über syntropische Agroforstwirtschaft. Was ist das, woher kommt es und warum ist es eine interessante Methode?


Was ist syntropischer Agroforst?

Der syntropische Agroforst ist eine regenerative Landwirtschaftsmethode, die auf die Prinzipien der natürlichen Waldökosysteme zurückgreift. Diese Methode wurde maßgeblich von dem Schweizer Agrarwissenschaftler Ernst Götsch entwickelt, der sie seit den 1980er Jahren in Brasilien perfektionierte. Seine Arbeit basiert auf Naturbeobachtung und den natürlichen Kreisläufen gesunder Ökosysteme. Im Gegensatz zu konventionellen landwirtschaftlichen Methoden und ähnlich wie bei den Food Forests setzt der syntropische Agroforst auf Biodiversität, Bodenstruktur und die gezielte Förderung natürlicher Kreisläufe. Kernprinzipien sind unter anderem:

  • Die Kombination von Bäumen, Sträuchern und landwirtschaftlichen Kulturen in dichten Pflanzungen;
  • Die Nutzung der natürlichen Sukzession, um die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern;
  • Gezielter Rückschnitt und Mulchen (‘chop & drop’) zur Förderung von Wachstumsimpulse, Humusaufbau und Wasserspeicherung;
  • Keine synthetischen Düngemittel oder Pestizide.

Die Prinzipien der Sukzession

Ein zentrales Konzept im syntropischen Agroforst ist die Sukzession – der natürliche Prozess der ökologischen Entwicklung von Ökosystemen über die Zeit. Diese kann in verschiedene Stadien unterteilt werden:

  1. Pionierphase: Schnell wachsende Pflanzen und Bäume bereiten den Boden für nachfolgende Generationen vor. Sie verbessern die Bodenstruktur und sorgen für den ersten Humusaufbau.
  2. Übergangsphase: Mittelfristige Pflanzenarten, wie Pionierbäume, Obstbäume oder Sträucher, übernehmen nach und nach die Vorherrschaft, während Pionierarten absterben oder zurückgeschnitten werden.
  3. Klimaxphase: Langfristig dominierende, langlebige Bäume und Sträucher erreichen ihre volle Größe und sorgen für ein stabiles, sich selbst regulierendes Ökosystem.

Im syntropischen Agroforst wird dieser natürliche Prozess bewusst gesteuert und beschleunigt, um die Vorteile der Sukzession effizient zu nutzen. Durch gezielte Pflanzung, Rückschnitt und Bodenpflege kann die Fruchtbarkeit des Bodens gesteigert und langfristige Erträge gesichert werden.

Warum ist Mulchen gut für den Boden?

Mulchen ist eine essenzielle Technik im syntropischen Agroforst und spielt eine Schlüsselrolle bei der Bodenverbesserung. Dabei werden abgeschnittene Pflanzenteile, wie Blätter, Äste und Erntereste, als organische Bodenbedeckung verwendet. Die Vorteile des Mulchens sind vielfältig:

  • Schutz des Bodens: Eine Mulchschicht schützt den Boden vor direkter Sonneneinstrahlung, reduziert Erosion und verhindert das Austrocknen;
  • Nährstoffversorgung: Durch die langsame Zersetzung des organischen Materials wird kontinuierlich Humus aufgebaut, der als Nährstoffquelle für Pflanzen dient;
  • Förderung der Bodenbiologie: Mulch verbessert das Bodenleben, indem er Mikroorganismen, Würmern und Pilzen Nahrung bietet. Diese wiederum tragen zur Bodenfruchtbarkeit bei;
  • Unkrautunterdrückung: Durch die Bodenbedeckung wird das Wachstum von unerwünschten Pflanzen gehemmt, was den Pflegeaufwand reduziert;
  • Wasserspeicherung: Eine Mulchschicht verringert die Verdunstung und hilft, Feuchtigkeit im Boden zu halten – besonders in trockenen Regionen ein entscheidender Vorteil.

Warum macht es Sinn, mit dieser Methode zu arbeiten?

Syntropischer Agroforst unterscheidet sich von anderen Agroforst-Methoden vor allem durch seinen konsequent regenerativen Ansatz. Während ‘klassische’  Agroforstsysteme oft auf eine Kombination aus Bäumen und Feldern zur Erosionskontrolle oder CO2-Speicherung abzielen, geht der syntropische Agroforst weiter: Er schafft ein sich selbst regulierendes Ökosystem, das langfristig ertragreich und widerstandsfähig ist. Vorteile dieser Methode sind:

  • Langfristig hohe Produktivität mit geringerem Input externer Ressourcen;
  • Höhere Bodenfruchtbarkeit durch kontinuierlichen Humusaufbau,
  • Verbesserte Wasserhaltekapazität und reduziertes Erosionsrisiko;
  • Erhöhte Biodiversität, die Schädlinge und Krankheiten auf natürliche Weise in Schach hält;
  • Anpassungsfähigkeit an verschiedene Klima- und Bodenbedingungen.

Herausforderungen des syntropischen Agroforsts

Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen, die bei der Umsetzung dieser Methode bedacht werden müssen:

  • Tiefes Wissen: sehr gute Kenntnisse über Pflanzen, Samen, Sukzession und mehr;
  • Hoher Arbeitsaufwand: Syntropischer Agroforst erfordert eine intensive Planung, häufige Pflege und manuelle Eingriffe wie regelmäßiges Schneiden und Mulchen. Dies kann besonders in der Anfangsphase arbeitsintensiv sein;
  • Komplexität der Planung: Die richtige Kombination von Pflanzen, die aufeinander abgestimmt sind und sich gegenseitig fördern, erfordert tiefgehendes Wissen über Botanik und ökologische Prozesse;
  • Anpassung an gemäßigte Klimazonen: In Europa muss das Konzept an längere Winter und langsamere Wachstumszyklen angepasst werden, was zusätzliche Herausforderungen mit sich bringt;
  • Begrenzte Maschinenverfügbarkeit: Die dichte Pflanzweise und die vielfältige Struktur des Systems machen den Einsatz von konventionellen landwirtschaftlichen Maschinen schwierig, sodass mehr Handarbeit erforderlich ist.

Für welche Klimazonen ist der syntropische Agroforst geeignet?

Die Methode wurde ursprünglich für tropische und subtropische Klimazonen entwickelt, da die Wachstumsraten dort besonders hoch sind und sich natürliche Sukzessionsprozesse schneller vollziehen. Doch auch in gemäßigten Zonen, einschließlich West-Europas, kann sie erfolgreich angewendet werden.

Macht es auch in West-Europa Sinn, diese Methode zu verwenden?

Ja, unter bestimmten Rahmenbedingungen kann der syntropische Agroforst auch in dieser Klimazone eine nachhaltige Alternative zur konventionellen Landwirtschaft darstellen. Besonders in Regionen mit degradierten Böden, Wassermangel oder starkem Klimawandel-Einfluss kann diese Methode langfristig von Vorteil sein.

Wichtige Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Umsetzung in West-Europa:

  • Anpassung der Pflanzenauswahl an gemäßigte Klimaverhältnisse:
  • Modifizierte Sukzessionsstrategien, die den langsameren Wachstumszyklen angepasst sind;
  • Angepasste Schnitt- und Mulchmethoden für kühlere Temperaturen;
  • Gute Planung zur Integration von Jahreszeitenzyklen in die Pflanzstrategien

    Beispiele für syntropischen Agroforst in Europa

    Inzwischen gibt es einige spannende Projekte in Europa, die sich mit syntropischem Agroforst beschäftigen. sowie DenFoodBosch (Niederlande), Hof (V)Erde (Deutschland), Gut & Bösel (Deutschland) und
    In unserem Lernort Waldgarten Rehfelde (Deutschland) wurden 2 syntropische Reihen gepflanzt. Weitere Reihen werden unter dem Motto „Gemeinsam lernen“ in den nächsten Workshops gepflanzt.
    Syntropische Agroforstwirtschaft ist ebenfalls eine evaluierte Methode in den afrikanischen Projekten. Auch hier finden jährlich Workshops statt. Auch du kannst mitmachen!

      Fazit

      Syntropischer Agroforst bietet eine vielversprechende Alternative zur konventionellen Landwirtschaft. Trotz des hohen Arbeitsaufwands und der langfristigen Investition kann er langfristig zu fruchtbaren Böden, stabilen Ökosystemen und nachhaltigen Erträgen führen. Mit gezielter Anpassung an europäische Bedingungen könnte diese Methode einen wertvollen Beitrag zur ökologischen Landwirtschaft und Klimaanpassung leisten.

      Hier der Link zu „Life in Syntropy“, dem Kurzfilm von Agenda Gotsch, der speziell für die Präsentation auf der COP21 in Paris produziert wurde. Der Film zeigt einige der bemerkenswertesten Experimente der syntropischen Landwirtschaft.

      Und es gibt ein sehr schönes illustriertes Handbuch über Agroforstwirtschaft aus Brasilien, hier klicken.

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